Der Degersheimer Schütze Marcel Bürge gehört mit zur Weltspitze
Der 29-jährige Marcel Bürge wurde als bester Amateursportler des Kantons St.
Gallen geehrt. Der vielseitige Schütze wohnt in Herisau, trainiert in Degersheim
und Gossau und schiesst auf internationalen Plätzen.
Rudolf Käser
Marcel Bürge gehört in allen Dis-ziplinen (über 300 Meter, im Luftgewehr und
Kleinkaliber) den jeweiligen Nationalmannschaftskadern an. Derzeit arbeitet und
wohnt er in Herisau, trainiert, neben den Nationalmannschafts-Zusammenzügen, in
Degersheim und Gossau. In Gossau findet Bürge im Training dank weiteren starken
Schützinnen und Schützen, unter anderem der Olympiateilnehmerin Oriana Scheuss,
gute Konkurrenz.
Lohn für Entbehrungen
Als Marcel Bürge aus den Händen des Präsidenten der IG St. Galler Sportverbände,
Rolf Peter Zehnder, bei der Sportlerehrung Urkunde und Check entgegennahm, war
ihm die Genugtuung anzusehen. Die Auszeichnung bestätigte nicht nur, dass der
Schiesssport nach wie vor einen hohen Stellenwert geniesst. Es war auch der Lohn
für Bürges enormen Trainingsaufwand. Zurzeit arbeitet er zu 80 Prozent als
Konditor und absolviert die Schule zum Web Publisher. «Daneben bin ich pro Woche
während rund 15 Stunden im Schiessstand.» Hinzu kommen Fitness- und
Krafttraining sowie mentales Training. Marcel Bürge ist ein Schnellstarter: Im
Alter von 17 Jahren absolvierte er bei den Feldschützen Degersheim den
Jungschützenkurs. Sein Talent wurde schnell erkannt. «Weil es im Verein keinen
Matchschützen gab, hat Präsident Heinz Rauber bald nach jemandem im Dorf Umschau
gehalten», sagt Marcel Bürge. Er fand mit Rolf Ackermann aus Degersheim einen
solchen. «Ackermann schoss allerdings auswärts», sagt Marcel Bürge. Rolf
Ackermann sei von Bürges Leistungen sofort begeistert gewesen und so habe er
fortan bei den Feldschützen Degersheim geschossen. Zudem habe ihm Ackermann bald
eine Matchwaffe organisiert.
Wertvolle Konkurrenz
Alles Weitere verlief dann schnell. Schon sechs Jahre nach dem Jungschützenkurs,
im Jahre 1993, kam der Degersheimer in die 300-m-Nationalmannschaft. Bald wurden
seine Fähigkeiten aber auch in den Sparten Kleinkaliber und Luftgewehr entdeckt.
In Gossau bei den Sportschützen findet Bürge wertvolle Konkurrenz im Training.
Mit dabei sind dort weitere Nationalmannschafts-Angehörige wie Peter Binder und
Oriana Scheuss, beide aus Gossau, Rolf und Gisela Rotach, beide aus
Niederwil.Aus der langen Erfolgsbilanz von Marcel Bürge ragen die Bronzemedaille
an den World Games in Zagreb im 300-Meter-Schnellfeuer im Jahre 1999 sowie der
erste Rang im Europacup Suisse in Chur mit dem 3¥40-Stutzer im vergangenen Jahr
heraus.Für Marcel Bürge war dieser Europacup bahnbrechend - und nicht nur für
ihn: Erstmals schoss er an diesem Wettkampf mit der international noch wenig
bekannten Bleiker-Waffe. «Eigentlich war die ganze Schützenwelt gespannt, wie
ich mit dieser Waffe abschneiden würde», erinnert er sich. «Ich habe es gewagt
und es stellte sich ein sensationeller Erfolg ein.» Obwohl Marcel Bürge im
Grosskaliber noch erfolgreicher war, trainiert er praktisch ausschliesslich
Kleinkaliber. «Die ganze Technik und Feinmotorik holt man im
Kleinkaliberbereich. Über 300 Meter muss dies nur noch umgesetzt werden», weiss
Bürge. Im Grosskaliber, das seit dem Jahre 1972 nicht mehr olympisch ist, gehört
der Degersheimer mit zur absoluten Weltspitze.
Auch Rückschläge
Doch auch ein Ausnahmekönner wie Marcel Bürge muss hin und wieder Rückschläge
einstecken. Wie zum Beispiel beim GP Liberation im tschechischen Pilsen. Er
setzte sich mit dem Kleinkaliber-Luftgewehr nicht wie gewohnt in Szene. «Ich
befinde mich in Prüfungsvorbereitungen und musste deshalb das Training
reduzieren», sagt er. Marcel Bürge verpasste in Pilsen die erste Qualifikation
für das Olympiaprojekt im Hinblick auf die Olympischen Spiele von Athen. Eine
zweite Chance erhält er ab dem 28. Mai bei Weltcup-Wettkämpfen in Mailand. Das
grosse Ziel dieses Jahres sind für Marcel Bürge aber die Europameisterschaften
in Zagreb vom 23. Juli bis 5. August. Zagreb ist die Stätte, wo er einen seiner
Erfolge feierte. «Weil zwei Wettkämpfe in kurzer Zeit nur schwer zu verkraften
sind, konzentriere ich mich weniger auf die Weltmeisterschaften in Finnland als
auf die Europameisterschaften in Zagreb», erklärt Marcel Bürge.