Mit Marcel Bürge hat Lütisburg seit dem Wochenende einen Weltmeister im
Kleinkaliber-Schiessen
Mit seinem
Kleinkaliber-Gewehr holte sich Marcel Bürge im finnischen Lahti den
Weltmeister-Titel im Dreistellungsschiessen. In Lütisburg weiss kaum jemand,
dass es sich bei Bürge um einen Einwohner ihrer Gemeinde handelt.
Lütisburg. «Kennen sie den Schützen Marcel Bürge?» - Auf diese Frage wird in
Lütisburg eher der Kopf geschüttelt denn genickt. «Bürge? Weiss ich nicht, aber
fragen Sie mal auf der Gemeinde nach», oder: «Mein Sohn ist zwar Jungschütze,
aber von einem Weltmeister hat er mir noch nichts erzählt.» Dies bekommt zu
hören, wer sich bei den Lütisburgern nach Marcel Bürge erkundigt. Kein Wunder
sind die meisten Einwohnerinnen und Einwohner überfragt, denn erstens wohnt
Bürge erst seit Ende vergangenen Jahres in Lütisburg, und zweitens ist er erst
seit diesem Wochenende Weltmeister: In der finnischen Stadt Lahti holte er sich
am Sonntag im 50-Meter-Dreistellungs-Schiessen mit dem Kleinkaliber-Gewehr die
Goldmedaille (siehe «Wiler Zeitung · Volksfreund» von gestern).
Empfang am Flughafen
Den
Lütisburger Gemeindebehörden hingegen ist bekannt, dass Marcel Bürge ein guter
Schütze ist. «Der Gemeinderat beglückwünscht Marcel Bürge ganz herzlich zu
diesem tollen Erfolg», sagt Vizepräsident Christoph Demmel, der Bürges Erfolg
bereits mitbekommen hat. Ob die Gemeinde den Weltmeister feierlich empfangen
wird, wenn er aus Finnland zurückkehrt, ist noch unklar. Wegen der Ferien
‹funktionieren› die meisten Vereine auf Sparflamme, deshalb könnte es wohl
schwierig werden, eine würdige Delegation für den Heimkehrer zusammenzustellen.
Wer ganz sicher dabei sein wird, wenn Marcel Bürge am Mittwoch Abend, 17. Juli,
am Flughafen Kloten landen wird, ist eine Delega- tion der
Feldschützen-Gesellschaft Degersheim. Bürge ist in Degersheim aufgewachsen und
hat bei den Feldschützen gelernt, wie man mit dem Gewehr umgeht. «Marcel ist
schon früh als ausgezeichneter Schütze aufgefallen», sagt Vereins-präsident
Heinz Rauber. Bei den Degersheimer Feldschützen ist Bürge heute immer noch
Vollmitglied. «Es ist vorgesehen, dass eine Delegation der
Feldschützen-Gesellschaft Degersheim zusammen mit den Sportschützen Gossau nach
Kloten fährt, um Marcel einen würdigen Empfang zu bereiten», sagt Rauber. Bei
den Gossauer Sportschützen ist Bürge ebenfalls Mitglied, auf der dortigen
Schiessanlage trainiert er mit dem Kleinkaliber-Gewehr.
Ein echter Toggenburger
Der
30-jährige Marcel Bürge ist durch und durch ein Toggenburger. Aufgewachsen ist
er in Degersheim, in Lütisburg wohnt er, in Bütschwil geht er zur Arbeit und mit
Mosnang liegt sogar sein Bürgerort im Toggenburg. Seiner Heimat hat er alle Ehre
erwiesen, indem er seit dem Jahr 1952 der erste Schweizer ist, der im Schiessen
Weltmeister wurde.
Sponsor fährt nach Lahti
Besonders froh um Bürges WM-Titel ist der Bütschwiler Sportwaffen-Hersteller
Heinrich Bleiker. Er rüstet Bürge nicht nur mit Waffen aus, sondern zählt den
Weltmeister auch gleich zu seinen Mitarbeitern. Neben dem täglich rund
fünfstündigen Schiesstraining arbeitet Marcel Bürge zu 60 Prozent in Heinrich
Bleikers Unternehmen. «Marcel hat mich gleich angerufen, als sein Titel
feststand. Leider hatte ich das Natel abgeschaltet, deshalb erfuhr ich über die
Combox von seinem Erfolg. Ich bin hocherfreut, obwohl es für mich nicht ganz
unerwartet kam: Ich hatte tatsächlich mit einer Medaille gerechnet», sagt
Bleiker. Er wird seinem Mitarbeiter und Werbeträger wohl als ers-ter
Toggenburger von Hand gratulieren, fliegt er doch am Donnerstag selbst nach
Lahti, um für seine Sportwaffen zu werben, die nicht unwesentlich an Bürges
Schiess-erfolg mitbeteiligt sind.
Familie wird dabei sein
Als
Allererste erfuhr jedoch Marcels Mutter von seinem Titel. «Ich sass gerade im
Auto, als mich mein Sohn am Sonntag um 14.30 Uhr auf dem Handy anrief», erzählt
Gertrud Egger, «und ich habe mich irrsinnig gefreut!» Bei seinem Grossonkel
durfte Marcel als Kind mit dem Luftgewehr schiessen, erzählt seine Mutter. «Als
er später während der Lehre bei den Jungschützen war, musste ich ihn sogar etwas
zurückhalten, damit die Arbeit nicht zu kurz kam.» Zusammen mit Marcels älterem
Bruder und seiner jüngeren Schwester wird auch Gertrud Egger am 17. Juli am
Flughafen stehen, wenn ihr Sohn aus dem Flugzeug steigt. va.